Salvatore Viviano

»I never liked being in bed alone«

 

21er Raum im 21er Haus, Wien

4. Februar — 6. April 2015

 

Salvatore Viviano ist immer gut für eine Überraschung. Seine Überraschungen sind meist Performances, bildhafte und skulpturale Objekte, Fotografien und Installationen – oder eine Mischung aus all dem. Im 21er Raum hat der Künstler zunächst einmal den Raum verkleinert. Wenn man den Raum betritt, steht man einer korallenfarbigen Wand gegenüber, in der eine kleine Öffnung ausgespart wurde. Zwei Bilder hängen an den anderen Wänden, auch eine Nummer wurde auf eine geschrieben, und ein Plüschtier sitzt in einer Raumecke. Der Teddybär hat einen Pullover an, auf dem „Call Me Maybe“ steht – eine Referenz auf einen Popsong von Carly Rae Jepsen und das dazugehörige Video, als auch eine Aufforderung anzurufen. Wen man (vielleicht) anrufen soll, ist nicht ganz klar, aber eine Telefonnummer ist mit Filzstift an die Wand geschrieben. 

Das kleinere der beiden Bilder zeigt eine idealisierte Flamme bzw. das Logo von Tinder. Das ist eine App für Smartphones, die auf spielerische Weise Dates mit Gleichgesinnten vermittelt. Auf dem zweiten Bild ist eine glückliche Familie im Bett zu sehen. Die Gesichter des Werbesujets hat Viviano mit seinem eigenen überdeckt und ist nun im Bett mit sich selbst.

Da wäre dann noch diese Öffnung in der Wand. An deren Schwelle steht eine Aufforderung, die Schuhe auszuziehen. Einmal drinnen, kann man unter einer relativ niedrigen Decke zu einer weiteren Öffnung kriechen. Dort  durchgeschlüpft, findet man sich in einem riesigen Bett wieder. Darauf sind Polster und Decke, eine Menge Bücher und ein Walkman, Kalender und Poster. Salvatore Viviano hat es sich gemütlich eingerichtet, aber auch allen Besuchern. Wir sind aufgefordert, das Bett auch zu benutzen – also eine Auszeit zu nehmen und in seiner Liegewiese abzuhängen. Und das nicht nur alleine, sondern gemeinsam mit anderen. Denn der Künstler sieht das Bett nicht als einen Privatraum, sondern als sozialen Raum. Und diese Ansicht möchte er natürlich mit uns teilen. 

Es geht also um menschliche Beziehungen und das Herstellen einer Situation, die niederschwellig Interaktion ermöglicht – ähnlich wie es Tinder und ähnliche Apps heute tun. Darüber hinaus ist die Installation das Zeichen einer modernen Melancholie und eine Hommage an das Lieblingsmöbel von Salvatore Viviano, der in seiner im Mai 2014 eröffneten One Work Gallery auch ein Bett aufgestellt hat:  “Betten faszinieren mich, ich liebe sie! Ich denke, das Bett ist die beste Erfindung, die es gibt. Viele wichtige Dinge passieren in Betten. Als Künstler hat man viele Ideen im Bett, man schläft, man isst, man hat Sex im Bett. Und es ist einfach ein bequemer Rückzugsort. In einer Galerie zu arbeiten bedeutet vor allem: warten, sitzen, telefonieren, lesen. Ich wollte nicht den ganzen Tag an einem Tisch sitzen.“

 

Salvatore Viviano wurde 1980 in Palermo geboren und lebt und arbeitet seit 2008 in Wien. Performances und Ausstellungen von Viviano waren unter anderem schon im Ve.Sch (Wien, 2009), bei Pro Choice (Wien, 2010), L’Ocean Licker (Wien, 2011), 68 m2 (Kopenhagen, 2011), Global Talks (Stockholm, 2012), Glockengasse 9 (Wien, 2012), 21er Haus (2013), Albertina (2013), Limbo (Kopenhagen, 2014) und Mauve (Wien, 2014) zu sehen. Seit Mai 2014 betreibt er am Wiener Getreidemarkt die One Work Gallery. Als er sieben Jahre alt war, bat er seine Mutter mit ihm zum Zirkus zu gehen, die darauf antwortete: “Wenn sie dich sehen wollen, müssen sie schon selbst kommen”.

 

Katalog zur Ausstellung:
21er Raum 2012 – 2016
Herausgegeben von Agnes Husslein-Arco und Severin Dünser
Mit Texten von Severin Dünser, Simon Dybbroe Møller, Paul Feigelfeld, Agnes Husslein-Arco, Lili Reynaud-Dewar und Luisa Ziaja über Ausstellungen von Anna-Sophie Berger, Andy Boot, Vittorio Brodmann, Andy Coolquitt, Simon Dybbroe Møller, Iman Issa, Barbara Kapusta, Susanne Kriemann, Adriana Lara, Till Megerle, Adrien Missika, Noële Ody, Sarah Ortmeyer, Mathias Pöschl, Rosa Rendl, Lili Reynaud-Dewar, Anja Ronacher, Constanze Schweiger, Zin Taylor, Philipp Timischl, Rita Vitorelli und Salvatore Viviano
Grafikdesign von Atelier Liska Wesle, Wien/Berlin
Deutsch/Englisch
Softcover, 21 × 29,7 cm, 272 Seiten, zahlreiche Abbildungen in Farbe
Belvedere, Wien, 2016
ISBN 978-3-903114-18-0